WOHNEN AM WALKEWEG, BASEL


Wettbewerb Genossenschaft 2022


Bauherr:

ARGE Walke Genossenschaft

GEWONA Nord- West, Basel

Genossenschaft zimmerfrei, Basel 


Projektadresse:

Am Walkeweg, 4052 Basel


Team: Marco Zürn, Markus Stern, Silvana Feuring

Arge: Hoerner Architekten


In Zusammenarbeit mit Primin Jung AG


 

Zwei Häuser / Zwei Pagoden

 

Der geforderte Wohnbau hinterfragt gängige Komfortansprüche im Privaten. Bei einer maximalen Reduktion der Wohnungsflächen, stellt sich die Frage nach dem Umgang mit den gemeinschaftlich genutzten Räumen. Der Entwurf schafft durch eine  Verdichtung dieser Aktivitäten an einem Ort - der Pagode - eine gewisse Grosszügigkeit die der Gemeinschaft zugute kommt.

 

Die beiden Genossenschaften Zimmerfrei und GEWONA Nord-West  gründen ‚am  Walkeweg‘ ein neues Zuhause. Je Genossenschaft entsteht ein Zwillingsgebäude, bestehend aus zwei Wohnzeilen. Am nordwestlichen Ende sind beide Gebäudeteile miteinander verbunden. Dieser pagodenartige  Verbindungsbau ist eine markante, mehrgeschossige und offene Struktur, zu der sich alle genossenschaftlichen Gemeinschaftsaktivitäten hin orientieren. Sie dient zum einen als Eintrittsschwelle in den Wohnhof, als auch als vertikaler Freiluftort für die Hausgemeinschaft.

 

Innerhalb der Genossenschaften entstehen üppig begrünte Gartenhöfe, die als gemeinsamer Lebensraum und Frischluftlunge dienen. Für Kita, Gewerbe und Wohnungen wird eine erhöhte Veranda als Schwelle, Treffpunkt und überdachter Aussenraum angeboten. Im Norden, anschliessend an die Pagoden, stellen die sog. Pocket Parks alle öffentlichen Nutzungen von Wasserspiel, Sandkasten, Spielplätze, Bänken und Schattenbäume für das Quartier bereit. Der Bereich zwischen den beiden Genossenschaften dient als baumbestandene Fussgängerverbindung im Quartier und ist mit Split und Pflasterstein ausgebildet. Hier zeigt sich der Kontrast zu den weich bepflanzten Gartenhöfen, mit privaterem Charakter.

 

Das vielfältige Wohnungsangebot wird in einem effizienten Holzrahmenbau als Durchsteckwohnungen in serieller Produktion bereitgestellt. Ökologisch und wirtschaftlich in der Erstellung, erlauben die minimalen Küchen- und Badzellen im Inneren der Wohnungen eine Vielfalt und Grosszügigkeit der Wohn- und Schlafräume an den Fassaden. Für die sozialen Begegnungen wird eine Laube als Weg zur Wohnung und Treffpunkt zwischen den Nachbarn vorgesehen. Der soziale Ankerpunkt findet in dem Stahlskelett-Turm der Pagode seinen Ausdruck, wo die Wendeltreppe fünf Etagen miteinander verbindet, an die sich Werkstatt, Lobby, Gemeinschaftsküche, Bagno, Co-working und ein gemeinsamer Dachgarten anschliessen.

 

Mit den Wohnungen werden Konventionen und gängige Komfortansprüche des Wohnens hinterfragt. Der Wert des Wohn- oder Schlafraums an sich wird priorisiert und immer zur Fassade hin angeordnet. Der Kern erfüllt die Minimalanforderungen an Küche und Bad.  Er zoniert die Wohnung und ermöglicht das zimmerweise vergrössern der Wohneinheiten durch zuschalten von benachbarten Kompartimenten. So können 1.5 respektive 2.5 Zimmer Wohnungen in einem strukturellen Kompartiment, bis zu 5.5 Zimmer Wohnungen in dreieinhalb Kompartimenten vergrössert werden. Die zentrale Kernzone organisiert die einzelnen Wohnungen und ermöglicht ein diagonales ‚Durchwohnen‘ von Laube zu Balkon.

 

Die Wohnhöfe werden als weiche, grüne Gartenhöfe bepflanzt. Es sollen Pinien, Ginko, und Gleditschien als Hochstämme in der Vertikalen,  sowie Farne, Stauden und Büsche als Bodenbedeckung vorgesehen. Der räumliche Pflanzenfilter dient der Luftreinhaltung, Lärmabsorption und der kontemplativen Betrachtung der Natur. Die Pocket parks zum Quartier, sind mit Baumgruppen, Bänken und Wasserstellen dienende Orte für das Quartier. 

 

Die Genossenschafts-Häuser sind als Holzbauten entworfen. Im Ausdruck unterscheiden sich die Fassaden voneinander. Auf der Hofseite bestimmen die gemeinschaftlich genutzten Lauben und Veranden ihr Aussehen. Diese erinnern an die typischen Laubenvorbauten Basler Bürgerhäuser. Die hofabgewandten Fassaden sind alternierend durch lisenenartige Balkonreihen und innenliegenden Loggien geprägt. Sie bilden die privaten Aussenräume. 

 

Der städtische Ausdruck der Holz-Glas Fassade wird durch die geschliffene, elegant glatte Schalung verstärkt. Schlammgrün, matthellblau, diamantschwarz und sandbeige sollen hier, in Anlehnung an die historischen Farben der Basler Altstadt verwandt werden. Im Gegensatz hierzu setzt sich das Pagodengerüst aus Metall bewusst mit den Hallen des postindustriellen Dreispitz Areals in Beziehung. 

 

Die Pagoden sind der Dreh- und Angelpunkt der Genossenschaften, dienen dem Zugang, Aufenthalt, Spiel sowie als Sonnendeck und sind ein markantes städtebauliches Zeichen für den sozialen Austausch. Die gestapelten Freiflächen und Aussenluft- Nutzungen verhindern, dass der Hof zwischen den viergeschossigen Zeilenbauten «übernutzt» wird. Dieser wird für die Nachtauskühlung und Frischluftzufuhr begrünt. Direkt angeschlossen an die Aussenflächen befinden sich die genossenschaftlichen Gemeinschaftsräume, welche in enger Wechselwirkung mit ihnen stehen.

 

Die Kompaktheit des Baukörpers ist zentraler Leitgedanke des Entwurfs. Der Flächenverbrauch und ökologische Fussabdruck werden durch die gemeinschaftlichen Nutzungen ausserhalb der individuellen Wohnungen minimiert. Mit einer aussenliegenden Erschliessung wird die Energiebezugsfläche des Baus zusätzlich verkleinert. 

 

Die Tragstruktur in Holzrahmenbauweise ist so konzipiert, dass eine Flexibilität der Grundrissgestaltung auch nach Fertigstellung möglich ist. Mit wenigen Eingriffen kann der Wohnungszuschnitt durch Türdurchbrüche und Wandöffnungen verändert werden.

Ein reduzierter Gebäudekern mit Sanitärräumen und Küchen kann vorgefertigt werden und ist auf ein Minimum reduziert. Drei Steigzonen für Elektrik, Wasser und Belüftung stellen den Minimalbedarf für die vertikalen Durchbrüche dar. Die verwendeten Materialien sind wieder in den Kreislauf rückführbar, auf fest verbundene Bauteile wie Betonverbunddecken oder Fussbodenheizungen wird verzichtet. Die Dächer der vier Zeilenbauten werden im Sinne von «Low Energy» für die Stromerzeugung und Brauchwassererwärmung durch Solaranlagen maximal genutzt.